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Strategie-Workshops: wenn Schlagworte alleine nicht reichen

Von der stillen Verzweiflung eines Visualisierers

Für mich als Graphic Recorder sind Strategie-Workshops der „Hawaii-Triathlon“ in meiner Arbeit. Nichts ist für mich so unvorhersehbar, so schwierig zu greifen, so zeitlich limitiert. Nichts bringt mich manchmal mehr an den Rand der stillen Verzweiflung als ein Strategieworkshop.

Denn die Erwartung meiner Auftraggeber ist es, ein Zielbild zu bekommen, in dem strukturiert und motivierend die Ergebnisse des Tages zusammengefasst sind. Und das bis zum Ende der Veranstaltung, obwohl lange keine greifbaren Ergebnisse vorliegen.

Der Ablauf

Die Agenda ist meist ähnlich: man trifft sich am Morgen, die Leitung hat ein Beratungsunternehmen, ich bin nur für die Visualisierung zuständig. Ein paar motivierende Vorträge werden gehalten, dann folgen Workshops, in denen die strategische Ausrichtung festgelegt werden soll. Die Workshops dienen in mehreren Runden der Verdichtung und Konkretisierung der Inhalte.

Das Problem

In der Iteration liegt das Kernproblem. Die Konkretisierung und Reduzierung in den sich wiederholenden Schleifen führen zur Ansammlung von Schlagworten. Nicht zuletzt durch die zunehmende Ermüdung der Teilnehmer. Schlagworte, hinter denen für mich keine Geschichte mehr erkennbar ist. Schlagworte, die für mich keine Bedeutung haben und für mich nicht im Kontext visualisiert werden können.

Die Lösung

Ein Zielbild ist aber mehr als nur eine visualisierte Schlagwortsammlung. Es erzählt eine Prozessgeschichte. So muss ich häufig das Beratungsunternehmen bitten, hier intervenieren zu können. Dann fordere ich die Teilnehmer auf, die Schlagworte zu beschreiben. Sätze zu bilden, die etwas erzählen. Sätze, die eine konkrete Aussagen enthalten. Sätze, über die man nachdenken muss.

Und plötzlich entstehen kleine Geschichten, die sich visualisieren lassen. Zwar ist dann meist die Zeit des Workshops vorbei und ich arbeite alleine noch bis in den Abend am Zielbild, aber es entsteht ein Bild, das eine Aussage in sich trägt. Und ich bin zufrieden.

Von Dr. Wolfgang Irber

Wolfgang Irber ist freiberuflicher Illustrator. Als beratender Zeichner gestaltet er große Bilderwelten für die Visionskommunikation an die Mitarbeitenden. Auf seinem Blog, auf LinkedIn und Instagram berichtet er regelmäßig über seine Erfahrungen und reflektiert seine Beobachtungen mit spitzem Stift. Frei nach dem Motto: "Mit einem Bild vor Augen sieht man mehr."